Jetzt ist er da, der erste Stadtschreiber. Also ich. Seit dem 1. April. Kein Witz. Es gab ihn schon mal – im Mittelalter. So lange hat man auf mich nicht gewartet, da wäre die Erwartung viel zu groß. 700 Jahre Neugier kann man nicht einmal in Oberösterreich ertragen. Man hatte Geduld.
Bei der neuen Innenstadtagenda, vor ungefähr einem Jahr, hat die Stadt entschieden, einen internationalen Wettbewerb auszuschreiben und einen Literaten oder eine Literatin auszuwählen und zum zweimonatigen Besuch einzuladen. Ich bin am 1. April angekommen und habe meine Wohnung auf dem Stadtplatz bezogen. Der Tag war hell, sonnig und warm.
Zwei kleine Zimmer, zwei wunderschöne Terrassen, eine sogar mit dem Ausblick auf die bunten Altstadtdächer. Ich packte aus und begann am Schreibtisch still und brav meine schriftstellerische Pflicht zu erfüllen. Nach drei Stunden dämmerte es. Ich wollte Licht anmachen – nichts. Meinen ersten Kaffee kochen – gar nichts. Kein Strom. Kein Licht. Kein Heißgetränk.
Die Tschechoslowakei meiner Kindheit hat mich gelehrt, sich nicht zu beschweren, sich lieber nicht zu melden, außer in Lebensgefahr. War meine Existenz gefährdet? Bei weitem nicht, im Gegenteil. Ich war nach vielen Jahren verwöhnt! Also ging ich um 20 Uhr schlafen, was mich sicher zu einem der bravsten Menschen in ganz Österreich an diesem Abend machte. Ich schlief wie ein Baby.
Aufgewacht bin ich mit dem Gedanken, dass ich mich in einem Land befinde, wo man sich beschweren darf. Sogar soll! Wo man alles, was nicht funktioniert, gleich melden kann. Ich habe meinen Elektrizitätsversorger angerufen. Die Firma reagierte überraschend tschechoslowakisch. Heute geht gar nicht, morgen wahrscheinlich auch nicht, wir sind überfordert, dann ist gleich Wochenende, also lassen wir’s für die nächste Woche, die Zeit vergeht schnell…
Fünf Tage ohne Kaffee beim Schreiben? Fünf Mal brav um acht Uhr schlafen gehen? Ich spürte die Panik. Gleich habe ich mich erinnert: In solchen Situationen brauchte man in der Tschechoslowakei immer einen guten Kontakt, am besten einen Beamten oder einen Politiker…
Ich kontaktierte alle zwei Personen, die ich in Wels kannte. Zwei Stunden später kam ein Elektriker, nach drei Minuten leuchteten alle Lampen, Wasser kochte, der Kühlschrank kühlte. Dankbar sprach ich den Supermann an. Er glaubte nicht, dass ich aus der Slowakei komme. Wenn man von dort kommt, muss man Pflegekraft, oder ein Twin-City-Liner, also ein Donau-Katamaran, sein. Ich habe den Welser zu meinem ersten Welser Kaffee eingeladen, er hat seine Meinung über Slowaken korrigiert. Das kleine gute Zeichen am Anfang.
Lieber Michal, aller Anfang ist schwer und zu Beginn war auch die Erde wüst, leer und vermutlich dunkel, bis Gott sprach, es werde Licht….
Wünsche Dir in Wels viel Erfolg … .
herzlichen Dank und lieber Gruss nach Bergisch Gladbach!
:) schöne Geschichten schreibt das Leben :)