Grenzansichten

Wie der Ukraine-Krieg die Slowakei verändert I 3sat kulturzeit

Die 3sat-Kulturzeit spricht in der Reihe „Grenzansichten – Zwischen Krieg und Frieden“ mit Kulturschaffenden und Intellektuellen aus Ländern mit gemeinsamer Grenze zu Ukraine oder Russland darüber, wie sie die Situation erleben. Sie geben in der #kulturzeit Einblick in ihr Land, ihre Sorgen und ihren Alltag an den Grenzen zwischen Krieg und Frieden. Weitere Folgen der Reihe könnt ihr bei 3sat anschauen: https://kurz.zdf.de/u5N/

Wilsonstadt

Grüße aus der Hölle in der Mitte Europas: Das allerschlimmste Verbrechen in Wilsonstadt. Exklusiv als deutsche Originalausgabe, nur als E-Book. Übersetzung: Mirko Kraetsch.

1925 bringt ein anonymer Mörder im jüdischen Viertel von Wilsonstadt, dem alten Bratislava, auf brutale Weise vier Menschen um. Die Polizei ist ratlos. Ausgerechnet der alte, brutale Detektiv Aaron Food aus New York kommt zur Hilfe

Von teuflischen Verschwörern und lebenden Toten gejagt, gerät er immer tiefer in ein Straßenlabyrinth des Grauens, in dem der Satan selbst die Krieger der Finsternis zu befehligen scheint. Unversehens entbrennt ein dramatischer Wettlauf um Leben und Tod, bei dem die Beteiligten nach und nach jegliche Skrupel verlieren.

Michal Hvorecky erzählt eine Gruselgeschichte in der vergessenen europäischen Stadt, indem er gut gelaunt mit den Formen des parahistorischen Gothic Novel spielt. Er schildert, wie sich reale Ereignisse und irrationale Ängste nach dem Zerfall der Habsburger Monarchie zu einer Massenparanoia ungekannten Ausmasses ausweiten. Und zeichnet eine groteske, verlorene Welt, eine Welt, die dem Untergang geweiht ist und in der sich die Gegenwart seltsam spiegelt.

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Donaufest 2014

Ulm, 7. Juli 2014, 17 Uhr, Haus der Donau, Kronengasse 4\3

Michal Hvorecky – Geschichte im Fluss, Europa im Koffer: eine Gesprächsrunde über biographischen Erfahrungen mit der Donau. Uwe Rada spricht mit den Autoren anhand ihrer Bücher über aktuelle Debatten in ihrem Land, über ihre Fragen und ihre Hoffnungen.

Zu Zeiten des Habsburgerreichs war die Donau das blaue Band, das die verschiedenen Kronländer miteinander zur „Donaumonarchie“ verband. Ende des zwanzigsten Jahrhunderts fanden dort die jüngsten Kriege in Europa statt. Aus Nachbarn waren Feinde geworden. Dennoch gibt die Donau wieder Anlass zur Hoffnung. Für unsere Autoren aus Österreich, Kroatien, Serbien, Bosnien, Bulgarien, Polen und Deutschland ist sie sogar „der Fluss Europas“.

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Lesen, schreiben und träumen mit Schülern

Ich besuchte die Neue Mittelschule Lichtenegg. Ich las Auszüge aus meinen Werken. Ich erklärte, seit wann, warum und wie ich Erzählungen und Romane schreibe und wie eine Übersetzung in eine Fremdsprache entsteht; warum ich Prosa und Theaterstücke ins Slowakische übersetze: Werke von Thomas Mann, Robert Walser oder Dea Loher.

Meine Zuhörer waren 14 bzw. 15 Jahre alt. Viele mussten ihr Land aus politischen oder anderen Gründen verlassen. In Österreich fanden sie eine neue Heimat. Alle Klassen haben meistens aus Jugendlichen mit Migrationshintergrund bestanden, ich schätze, so siebzig Prozent. Nur sehr wenige lesen Bücher. Kein Wunder. Auch ihre Eltern lesen kaum.

Fast eine Million Österreicher kann nur unzureichend lesen (OECD-Studie). In der Slowakei ist die Situation ähnlich. Doch die Leidenschaft für Geschichten gibt’s. Deswegen habe ich den Schülern die Botschaft vermittelt:

Wenn man in der Sprache des neuen Landes, in dem man lebt, schreiben kann, sich ausdrücken kann, dann kann man mitreden und eigene Meinungen äußern: Schreibt, so viel ihr könnt! Schreiben ist lebensnotwendig. Lesen auch!

Die anschließenden Gespräche gehörten zu den Höhepunkten meines Aufenthaltes. Wir kamen ziemlich nahe. Ich erzählte auch von Ängsten und Sorgen meines Autorenlebens, hörte zu, als die Schüler ihre Geschichten mitteilten, die eigene Vergangenheit darstellten und mit der Gegenwart verglichen.

Ich klärte auf, wie unterschiedlich das Leben in Österreich und in der Slowakei ist und warum ich trotzdem in meiner Heimat bleibe, warum mir mein Land und seine Zukunft wichtig sind. Ich sagte, wie wenig Lehrer in der Slowakei verdienen (500 Euro brutto!), wie viele Junge arbeitslos sind (31 Prozent), wie schwierig es ist, sich im Literaturbetrieb durchzusetzen – ohne Förderungen.

Ich betonte, dass Schreiben trotzdem den Sinn meines Lebens bedeutet, eine unglaublich schöne und vielfältige Beschäftigung. Kein einfacher Beruf, aber ich wollte keinen anderen haben.

Das literarische Schreiben endlich ohne Zensur: Ich gehöre zur ersten Autorengeneration im Osten Europas, die eine solche Arbeitssituation genießt.

Ich wuchs in Armut, aber privilegiert auf, in einem Haus voller Bücher und mit Eltern, die viel schrieben und lasen. Ich wollte studieren, die Familie unterstützte mich. Bücherlesen war auch mein Weg zur Auseinandersetzung mit der deutschen Sprache.

Lesen ist Fundament des Studiums und der Bildung. Leider wird mit den Schülern immer weniger über Literatur diskutiert. Gerade deswegen lese ich so gerne in Schulen. Ich versuche, Jugendliche zu ermutigen – zum Nachdenken und zum Träumen.